Redewendungen und Sprichwörter (I)
edewendungen und Sprichwörter sind etwas, das alle Sprachen gemeinsam haben. Während einige in mehr als einer Sprache vorkommen – das heißt, es gibt Sprichwörter in mehreren Sprachen, die wie Übersetzungen voneinander wirken – gibt es viele, die einzigartig für jede Sprache sind. Manchmal kann man die Bedeutung eines Sprichworts erahnen, aber in vielen Fällen ist viel Kontext nötig oder sogar eine direkte Erklärung, um zu verstehen, was jemand meint, wenn er eine Redewendung oder ein Sprichwort benutzt. In diesem Artikel werden wir einige gängige Redewendungen und Sprichwörter aus der spanischsprachigen Welt, ihre Bedeutungen und in manchen Fällen ihre historischen Ursprünge besprechen, da es sehr häufig vorkommt, dass diese Ausdrücke durch ein Ereignis oder einen Brauch aus einer bestimmten Epoche entstanden sind und heute eine andere Bedeutung haben können.
A caballo regalado no se le mira el diente: Wörtliche Übersetzung: “Man schaut einem geschenkten Pferd nicht auf den Zahn.” Dieses Sprichwort stammt aus der Gewohnheit, die Zähne eines Pferdes vor dem Kauf zu prüfen, als Pferde ein wichtiges Transportmittel waren, da man anhand der Zähne das Alter eines Pferdes erkennen konnte. Im Gegensatz dazu wurde ein geschenktes Pferd angenommen, ohne seine Zähne zu überprüfen. Heutzutage wird es verwendet, um auszudrücken, dass man Geschenke dankbar annehmen sollte, ohne sie zu kritisieren oder ihre Qualität zu hinterfragen.
Más vale tarde que nunca: Wörtliche Übersetzung: “Besser spät als nie.” Dieses Sprichwort stammt aus dem lateinischen Ausdruck „Potius sero quam nunquam“, der vom römischen Historiker Titus Livius in seinem Werk Ab urbe condita libri (Von der Gründung der Stadt an) verwendet wurde und sich auf die Maßnahmen der Patrizier bezieht, um die Machtübernahme der Plebejer, genauer gesagt der Volkstribunen, zu verhindern. Heute bedeutet es, dass es besser ist, etwas spät zu tun als gar nicht.
Dime con quién andas y te diré quién eres: Wörtliche Übersetzung: “Sag mir, mit wem du dich triffst, und ich sage dir, wer du bist.” Der Satz „dime con quién andas, decirte he quién eres“, der im zweiten Teil von Cervantes’ Don Quijote erscheint, ist der Ursprung dieses Sprichworts. Es bedeutet, dass man die Vorlieben, Hobbys, Gewohnheiten usw. einer Person anhand der Menschen, mit denen sie Zeit verbringt, erkennen kann. Es hat eine negative Konnotation, da derjenige, der diesen Satz verwendet, sich normalerweise auf Verhaltensweisen, Vorlieben oder Gewohnheiten bezieht, die er als unangenehm oder falsch ansieht.
A quien madruga Dios lo/le ayuda: Wörtliche Übersetzung: “Gott hilft dem, der früh aufsteht.” Ich habe beide Objektpronomen (lo/le) hinzugefügt, da je nach Herkunftsland des spanischen Sprechers eines davon verwendet wird, aber das ist Stoff für einen anderen Artikel. Anscheinend stammt dieses Sprichwort ebenfalls aus dem Don Quijote, obwohl im Buch ein ganz anderer Satz steht: „El que no madruga con el sol no goza del día“ („Wer nicht mit der Sonne aufsteht, genießt den Tag nicht“). Die heutige Bedeutung bezieht sich zwar auf das frühe Aufstehen, da es für viele Menschen eine Anstrengung darstellt, doch genauer gesagt bedeutet es, dass man mit Beständigkeit und Mühe seine Ziele erreichen muss.
Más vale pájaro en mano que cien/ciento volando: Wörtliche Übersetzung: “Ein Vogel in der Hand ist besser als hundert im Flug.” Erneut habe ich zwei Versionen eingefügt, aus demselben Grund: Die übliche Version hängt vom Herkunftsland des Sprechers ab. Kurze Erklärung: cien ist die Zahl 100, während ciento das Nomen ist, das sie repräsentiert, so wie „Dutzend“ für 12 steht. Dieses Sprichwort hat erneut lateinische Wurzeln: est avis in dextra, melior quam quattuor extra, was wörtlich „Ein Vogel in der Hand ist besser als vier außerhalb davon“ bedeutet. Es bedeutet, dass es besser ist, etwas Sicheres zu haben, als etwas Versprechenderes anzustreben, das jedoch weniger sicher ist. Das führt uns zu seinem Gegenteil.
El que no arriesga no gana: Wörtliche Übersetzung: “Wer nicht riskiert, gewinnt nicht.” Die Bedeutung dieses Sprichworts ist ziemlich klar. Wer keine Risiken eingeht, erzielt keine großen Gewinne.
En casa de herrero, cuchillo de palo: Wörtliche Übersetzung: “Im Haus des Schmieds gibt es ein Messer aus Holz.” Dieses Sprichwort spanischen Ursprungs hat sich über Amerika verbreitet und bezieht sich auf das Fehlen von etwas im Haus einer Person, die genau dieses Produkt herstellt, oder auf jemanden, dessen Beruf eigentlich ein Problem im eigenen Haus lösen sollte. Zum Beispiel ein Koch, der Essen bestellt, anstatt selbst zu kochen, ein Arzt, der nicht weiß, was zu tun ist, wenn sein Kind Fieber hat, oder ein Spanischlehrer, der nicht weiß, welche Wörter Akzente haben. Das Wort palo bedeutet in diesem Zusammenhang „Holz“, was eine ungewöhnliche Übersetzung ist. Laut dem Wörterbuch der RAE bezieht sich das Wort palo auf „ein Stück Holz oder ein anderes Material, das viel länger als dick ist, in der Regel zylindrisch und leicht zu handhaben“. Da es aus Holz ist – und ich nehme an, das hat mit seinem historischen Ursprung zu tun – wird es in diesem Zusammenhang einfach als Holz übersetzt.
El que no corre, vuela: Wörtliche Übersetzung: “Wer nicht läuft, fliegt.” Ein sehr aktueller Ausdruck. Es bezieht sich darauf, dass jeder, wenn es die Gelegenheit gibt, einen Vorteil zu nutzen, dies so schnell wie möglich versucht. Es hat eine ironische Konnotation: el que no corre, vuela bedeutet hier, dass, obwohl uns das Verhalten, den Vorteil um jeden Preis zu ergreifen, missfallen mag, wir gleichzeitig empfehlen, es zu tun.
Al mal tiempo buena cara: Wörtliche Übersetzung: “Zum schlechten Wetter ein gutes Gesicht.” Dies stammt aus einem Werk von Calderón de la Barca und spiegelt zweifellos die stoische Philosophie wider. Man sollte in schwierigen Zeiten eine positive Haltung bewahren.
Natürlich gibt es noch viele mehr. Dies ist nur der erste Teil, und in zukünftigen Artikeln werden wir mehr Sprichwörter und ihre Ursprünge erkunden. Welches hat dir am besten gefallen? Ich freue mich auf deine Kommentare!
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